Sie war der virale Star von Wimbledon. Dabei war sie nie dort.
Die KI-Influencerin Mia Zelu ging diesen Sommer viral, weil sie scheinbar live vom Tennisturnier postete. Doch alles war computergeneriert. Kein echtes Selfie, kein echtes Kleid, kein echter Ort. Und trotzdem: Hunderttausende Likes, Shares und Kommentare. Willkommen im Zeitalter der virtuellen Influencer.
Was auf den ersten Blick wie Spielerei aussieht, ist längst Teil strategischer Marketingkampagnen. Auch für Organisationen mit kleinerem Budget. In diesem Beitrag schauen wir uns an, warum virtuelle Influencer gerade jetzt relevant sind, welche Chancen sie für NGOs bieten und worauf man unbedingt achten sollte.
Was sind virtuelle Influencer?
Virtuelle Influencer sind computergenerierte Persönlichkeiten, die in sozialen Medien auftreten wie echte Menschen. Sie posten, interagieren mit ihrer Community, erzählen Geschichten und können dabei komplett fiktiv sein.
Bekannte Beispiele:
- Lil Miquela (USA), Streetwear-Model mit über 2 Mio. Followern
- Imma (Japan), rosa Bob, Lifestyle-Content, Partnerin von IKEA
- Radhika Subramaniam (Indien), KI-Reisebloggerin mit tamilisch-englischem Content
Technisch funktionieren sie über CGI, Motion Capture oder neuere Tools wie generative KI, die Text, Bild und Video automatisiert erstellen.
Warum wird das Thema im Marketing so groß?
Ganz einfach: Kontrolle, Skalierbarkeit und geringere Kosten.
Ein virtueller Influencer ist
• jederzeit verfügbar
• immer im perfekten Licht
• niemals krank oder unzuverlässig
• vollständig markenkompatibel
Marken sehen darin die Möglichkeit, mit einer starken digitalen Persönlichkeit Geschichten zu erzählen, ohne abhängig von echten Menschen, Terminen oder Budgets zu sein.

Was bringt das NGOs?
Virtuelle Influencer können ein echtes Asset für NGOs sein. Besonders dann, wenn Kommunikation sonst schwierig oder teuer ist.
Digitale Präsenz ohne hohe Personalkosten
Ob auf TikTok, Instagram oder YouTube – Avatare lassen sich gezielt einsetzen, zum Beispiel für Bildungs- oder Awareness-Kampagnen, und sind vollständig kontrollierbar.
Storytelling über geografische Grenzen hinweg
KI-Influencer können in verschiedenen Sprachen sprechen, in verschiedenen Ländern auftreten und dabei stets konsistent bleiben. Das ist besonders spannend für Themen wie Klimagerechtigkeit, Migration oder globale Bildung.
Mehr Reichweite mit weniger Ressourcen
Ein Avatar braucht keine Reisekosten, keine Fotografin, kein Catering. Einmal aufgesetzt, lässt sich Content effizient skalieren. Besonders im Zusammenspiel mit KI-generierten Texten oder Voiceovers.
Aber Moment – ist das auch ethisch okay?
Gute Frage. Denn mit großer KI kommt große Verantwortung.
Authentizität und Vertrauen
NGOs leben von ihrer Glaubwürdigkeit. Ein KI-Influencer wirkt schnell inszeniert oder im schlimmsten Fall manipulativ. Transparenz ist entscheidend: Es muss klar erkennbar sein, dass es sich um einen Avatar handelt.
Stereotype und Repräsentation
Viele virtuelle Influencer reproduzieren ein sehr einseitiges Schönheitsbild. Für Organisationen, die sich für Diversität, Inklusion und Repräsentation einsetzen, ist das problematisch. Avatare sollten diese Werte widerspiegeln oder bewusst hinterfragen.
Gefahr der Verwechslung
Beispiele wie Mia Zelu zeigen: Viele Menschen wissen oft nicht, ob der Content echt ist. NGOs sollten hier nicht mit Täuschung arbeiten, sondern klare Absenderinnen und Absender erkennbar machen.
Wann lohnt sich ein virtueller Influencer für dich?
Hier ein paar Einsatzbereiche, bei denen es sich lohnen kann, das Thema zu testen:
Szenario | Beispiel |
Bildungskampagne mit viel Erklär-Content | Ein Avatar, der in kurzen Reels komplexe Themen für Jugendliche erklärt |
Sprache und Barrierefreiheit | Ein KI-Influencer, der Videos in leichter Sprache oder verschiedenen Sprachen erstellt |
Testlauf für neue Zielgruppen | Etwa für TikTok-Kampagnen, ohne bestehende Teams zu überlasten |
Avatar als Botschafterin für ein Thema | Zum Beispiel „Emma“, die für das Thema Artenvielfalt steht – klar als KI kommuniziert |
Was du beachten solltest, bevor du loslegst
- Transparenz ist Pflicht
Inhalte sollten klar als KI-generiert gekennzeichnet sein. Plattformen wie TikTok machen das bereits zur Voraussetzung. NGOs sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen. - Ethisches Design
Avatare sollten bewusst inklusiv gestaltet werden. Wer KI nutzt, trägt Verantwortung dafür, wie diese wirkt. - Nicht ersetzen, sondern ergänzen
Virtuelle Influencer sind ein spannendes Tool, aber sie ersetzen keine echten Menschen. Sie können unterstützend wirken, sollten aber kein Ersatz für gelebte Kommunikation sein. - Testen und lernen
Starte mit einem Pilotprojekt. Zum Beispiel ein einzelnes Reel oder eine Mini-Kampagne. Hol Feedback ein und entscheide dann, ob es sich für dein Projekt lohnt.
Fazit: Zwischen Potenzial und Verantwortung
Virtuelle Influencer sind längst mehr als ein Social-Media-Trend. Sie sind ein neues Werkzeug im digitalen Werkzeugkasten von Organisationen – auch für NGOs. Wer sie bewusst, transparent und kreativ einsetzt, kann damit neue Zielgruppen erreichen und komplexe Themen spannend inszenieren.
Entscheidend ist: Nicht jedem Hype folgen, sondern klug abwägen, wie KI in die eigene Kommunikationsstrategie passt. Wenn es gelingt, Innovation mit Integrität zu verbinden, entsteht echter Mehrwert.